ELVIS – der Film

Drei Stunden Elvis – drei Stunden Colonel Parker. Das will überstanden sein. Drei Stunden Bilderrausch, drei Stunden Szenen, in denen der begnadete Tom Hanks den schillernden, cleveren, „väterlich“ tuenden Colonel in Szene setzt. Ein „Mephisto“ in der Popwelt, der aber keinen Faust beeinflusst, sondern einen in sich unsicheren und verhaltenen Sänger, der noch nicht weiß, wohin es mit ihm geht.

Denn woher er kommt, weiß er und wissen wir und er hat es tief in sich behalten. Er kommt aus der „schwarzen“ Gegend von Tupelo, immer in Kontakt mit deren lebensfrohen und frommen Kultur, die Erotik auch transzendent sieht. Dort kommt er her und der Film insinuiert, dass Elvis immer wieder dorthin zurück wollte, was aber der Colonel nicht wollte. Wunderbare Szenen, die die Debatten um kulturelle Aneignung in eine um kulturelle Bereicherung wenden können. Immer wieder, wenn Elvis „Hound Dog“ singt, wird die wilde Version einer afroamerikanischen Sängerin hineingeschnitten. sie ergänzen sich. Der Film ist da versöhnlich, es gibt Debatten zwischen Elvis und B.B. King über die Freiheit des Künstlers und die Gier des Showbusiness, das mit der Gier der Akteure spielt und rechnet. Nicht gern verweilt der Film bei den unsäglichen Filmen, die Elvis vom Colonel gedrängt, gedreht hat. Der einzig gute Film war „Flaming Star“, aber da durfte er nicht singen.

Immer wieder opulente Showszenen, die die gesamte US-amerikanische Kultur gleich mit ins Bild setzen. Das Riesenevent, die „Comeback-Show beim Sender NBC im Jahr 1968, das Hickhack um einen Weihnachtssong, der vertraglich dort untergebracht werden musste und die großartige Performance, die Elvis Darsteller Austin Butler da hinlegt.

Mir war die künstlerische Raserei mancher Elvis Performances gar nicht mehr so in Erinnerung. In dem Film wird sie noch einmal ganz deutlich nach vorn gestellt. Heute geht es auch manchmal rasend zu, aber es bleibt trotzdem so cool. Die „soften“ Sachen, die Elvis sang, dienen im Film immer mehr als Hintergrund-Musik.

Nach dem ausbeuterischen Las-Vegas-Deal des Colonels, sehen wir einen von Tabletten zerstörten Elvis, der gestützt von einer Krücke die Gangway zu seinen Privatjet „Lisa Marie“ hinaufhinkt. Von dem nicht mehr deutlich wird, wer er selbst ist, sondern immer nur wer er sein soll. Einer, der am Abend auf der Bühne stehen muss, „koste es was es wolle“ und die Hilfe eines Dr. Nick mit seinen Pillen und Spritzen. Elvis – ein Mann, der so formbar war, dass er nicht gegen den Strom schwimmen konnte, einer der unbedingt seine Familie – seine innig geliebte Mutter – reich und amerikanisch-glücklich machen wollte. Das wissen und kennen ja alle, die sich mit Elvis Biographie ein bisschen beschäftigt haben. Der Colonel – ein Verhängnis ohne den es aber vielleicht auch diesen Elvis nie gegeben hätte.

Und dann am Ende kommt er – der letzte schreckliche und wunderbare Auftritt des originalen Elvis mit „Unchained Melody“ – eine von vielen Künstlern gesungene Superschnulze. Er singt sie wie ein Tenor in einer dramatischen Oper, er schreit heraus „I need your love“ und meint das Publikum in seinen Ledersesseln. Auch im Kino war es danach mucksmäuschenstill. Die Popcorn-Tüten waren inzwischen leer. Ältere Zuschauer erinnern sich: Elvis konnte einem manchmal die Seele umkrempeln, er konnte Kitsch als Wahrheit verkaufen, er hat sich verzehrt dabei, er hat seine Rebellion vermarktet, wie es sich in den USA gehört.

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Eine Begegnung im Netz – Das Kinderheim St. Gertrud in Engelsdorf

Vor kurzem sah in einer facebook-Gruppe, die Fotos und Erinnerung an das ehemalige Leipzig postet, ein Bild über Leipzig Engelsdorf. Dort war das Kinderheim, in dem ich einige Zeit verbracht habe, was ich dort auch kommentierte. Ich fand eine facebook-Nutzerin, … Weiterlesen

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Stundenplan und Verkehrserziehung

Hübsche Erinnerungen.

Moopenheimers Museum. Moopenheimer.com

Gestern gab es einen Stundenplan der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft. Heute folgt einer der Staatlichen Versicherung der DDR zur Verkehrserziehung. Herausgegeben wurde er 1970. Der Clou: man schnitt die kleinen Tabs für die Schulstunden aus und steckte sie in die entsprechenden Stellen des Stundenplans. So konnten Stundenplanänderungen mühelos angepasst werden.

Dieser Plan ist unbenutzt.Es gibt unten in der Mitte sogar Tabs für die Pioniergruppe, die FDJ-Gruppe und die Sport-AG.

Das hohe Alter erkennt ihr übrigens auch an der Zeichnung. Der Junge überquert gerade einen sogenannten Fußgängerschutzweg, erkennbar an der schwarz-gelb gestreiften Ampel. Im Unterschied zu dem heutigen Fußgängerüberweg hatte man dort übrigens als Fußgänger uneingeschränkten Vortritt vor allen Fahrzeugen. (Wer es genau wissen möchte, kann hier Bild 59 anschauen: Link)

Auf der Rückseite hat der Zeichner, ich vermute, es war Richard Hambach, einige Reime verfasst, die den Kindern das Verhalten im Straßenverkehr lehren sollen.

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Waffen für Kiew – Merkel ist da sehr zweifelnd

Waffen für Kiew – Merkel ist da sehr zweifelnd  Die Überschrift stammt aus einem Bericht der Süddeutschen Zeitung über die Münchner Sicherheitskonferenz von 2015. Ihre unmissverständliche Botschaft war damals, sie glaube nicht daran, Putin mit Waffen und Soldaten zum Einlenken bewegen zu können.  Das sei die Realität, und man muss sich mit der Realität auseinandersetzen.

Sie hatte sich damals von einem Vertreter der USA auf der Konferenz ziemlich beschimpfen lassen, weil sie Waffenlieferungen an die Ukraine abgelehnt hat. Jahre zuvor – 2008  – hat sie in letzter Minute zusammen mit Frankreich  einen als Coup geplanten NATO-Eintritt der Ukraine verhindert. Sie kennt Putins „Schmerzgrenzen“.

In Bezug auf das Verhältnis zu Putin gibt es innerhalb der EU ohnehin verschiedenste Ansichten und Ansätze.

Wie der Guardian in einem Beitrag für den Freitag berichtet, überrumpelte der französische Präsident Macron im Juni 2021  zusammen mit Angela Merkel andere EU-Regierungschefs, indem er Putin einen Gipfel anbot. Aber dieser Plan scheiterte.   Auch Macron erklärte nach einer Begegnung mit Olaf Scholz in Berlin, er wolle möglichst bald mit dem russischen Staatschef sprechen und nur ein Thema behandeln: Deeskalation. 

Merkels einstiger außenpolitischer Berater Christoph Heusgen hat inzwischen eine andere Haltung als 2015, er hält Waffenlieferungen in die Ukraine – mit höchst diffusen historischen Begründungen – für durchaus sinnvoll und kritisiert die deutsche Zurückhaltung.  

In dieser Situation begibt sich Ungarns Präsident Viktor Orban nachMoskau zu Putin und überbringt den festen Friedenswillen der EU, wendet sich gegen Sanktionen und handelt dafür niedrigere Gaspreise ein. Wie das auch immer gesehen wird, es kann auch beitragen zur Beruhigung der Lage.  Die Stimmen in seinem Lande sind kritisch, manche bezeichnen ihn als Putins Pinscher, aber es ist halt Wahlkampf. 

Deutlich wird also , dass es keine Einigkeit in Bezug auf die Behandlung des Ukraine-Konfliktes gibt, weder in Deutschland noch in der gesamten EU.  

Welche Rolle übernimmt Merkel

Fragt  in dieser Situation aktuell das Redaktionsnetzwerk Deutschland. 

Es wäre zu wünschen, dass sie – wie immer im Hintergrund – berät. Wahrscheinlich ist das auch längst geschehen. Sie kennt Putin gut, sie „kann“ mit ihm trotz seiner Eigenheiten. Sie hat die beiden Minsk-Abkommen, die jetzt als Normandie-Format wieder im Gespräch sind, mit angestoßen. Und in dem Falle ist es auch  gut, dass sie keine „Visionen“ hat, sondern eine nüchterne Krisenbereinigung im Blick. Zu hoffen ist auch, dass sie ihre Meinung in Bezug auf Waffen für die Ukraine nicht geändert hat trotz des ziemlichen Druckes von allen Seiten auf die gegenwärtige Bundesregierung.  Bundeskanzler Olaf Scholz hat Reisen in alle am Konflikt beteiligten Staaten angekündigt. Damit ist er gut beraten.  Handeln müssen ohnehin die jetzt gewählten Politiker.  

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Die alltägliche Gefahr

https://www.fischerverlage.de/buch/marie-jalowicz-simon-untergetaucht-9783596198276

Marie Jalowicz Simon (1922- 1998) lehrte viele Jahre an der Humboldt-Universität zu Berlin. Sie hatte eine Professur für Antike Literatur und Kulturgeschichte inne. Über ihre Erfahrungen in der Zeit der Verfolgung hat sie lange geschwiegen. Erst kurz vor ihrem Tod hat sie – gedrängt durch ihren Sohn, Hermann Simon – viele Tonbänder besprochen und daraus entstand dieser Bericht, der alles erzählt, aber auch alles.

Selten habe ich eine so drastische und dramatische Schilderung dieser Situation immer am Rande des Abgrundes gelesen.

Nichts wird ausgespart

Sie sparte nichts aus, nicht die Tragikomik, nicht das Ausgeliefert sein an manche sexuellen Wünsche ihrer Beschützer, nicht ihren Blick in eine soziale Welt, die sie lange Zeit nicht kannte, in ein Berlin der Armut und sozialer Not. Weder die Feigheit, noch den Großmut lässt sie unbeschrieben. Der ganze, jeden Tag neu zu bewältigende Alltag in Angst und Vorsicht steht vor uns auf. Und auch die ganze gefahrvolle Trivialität alltäglicher Notwendigkeiten. Z. B. seine Notdurft zu verrichten, sich waschen zu können und ohne eine Bewegung einen Tag in einem Korbstuhl zu verbringen. Aus dem gleichen Topf zu essen, in den man seine Notdurft verrichtet. Ich denke, dass es nur eine Frau so schreiben kann. So ohne jede Beschönigung und ohne jeden Glanz.

Die Bürokratie rettet oder bringt den Tod

Marie Simon beschönigt nichts, sie lässt uns teilhaben an ihrem Lebensziel: Ich will weiter leben. Und immer wieder ist sie am meisten gefährdet durch die Verwaltung und Bürokratie, die Leben und Tod kontrollieren. Gefälschte Papiere, Bescheinigungen, Pässe sind die Eintrittskarten in eine – wenigstens vorläufige – Legalität. Immer wieder muss sie neu wandern, immer wieder neuen Unterschlupf suchen. Und immer wieder wird sie Zeugin fremden Lebens, erlebt sie Lebensweisen, Familienschicksale, -zusammenhalt und -fehden.

Und immer mal wieder geht die Frage – auch an sich selbst. Was hättest Du getan hättest Du geholfen?

Erst nach der Befreiung konnte Marie Jalowicz Simon wieder über eine eigene Wohnung in der Binzstraße 7 in Berlin-Pankow verfügen.

Initiative der AG Spurensuche des Frauenbeirates Pankow

Die AG Spurensuche des Frauenbeirates Pankow plant, an diesem Haus eine Gedenktafel anzubringen und einzuweihen. Die feierliche Enthüllung soll rund um ihr Geburtsdatum stattfinden. Am 4. April 2022 wäre sie 100 Jahre alt geworden.

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